Wissen und Tipps rund ums Wochenbett
Und plötzlich ist es da: das Baby, das neue kleine Wesen.
Mit langsamen Bewegungen, wunderbar-süssen Geräuschen, manchmal auch lautem Schreien und viel Schlaf kommt es in der Regel in der Welt an.
Das Gebärmutter-Nest, das neun Monate so vertraut und warm war, ist mit der Geburt Vergangenheit. Jetzt ist es greller, kälter, weniger heimelig – an das Zuhause «im Leben», ohne die schützende Bauchdecke, muss sich das Kind erst einmal gewöhnen.
Dafür finden jetzt direkte Berührungen statt. Jetzt siehst du deinem Baby das erste Mal in die Augen. Jetzt kuschelst du Haut an Haut. Jetzt ist die Zeit des Kennenlernens.
Im Wochenbett sind alle Gefühle erlaubt!
Vielleicht überrollen dich nun die vielen Gefühle. Vielleicht fliessen die Tränen, vielleicht fühlst du dich voller Liebe oder eben auch fast ein bisschen leer. Vielleicht will sich die (grosse Liebe) noch nicht einstellen. Stattdessen Schmerzen nach der Geburt, Ängste, Sorgen. Die Rolle als Mutter? Womöglich noch völlig fremd. Auch das kann jetzt dazugehören.
Elternsein hat viele Facetten. Wir alle sind verschieden, machen unterschiedliche Erfahrungen. Die Gefühlspalette ist extrem bunt: Manche sind im Wochenbett von der Liebe förmlich umhüllt, andere wissen gar nicht, warum genau das jetzt so toll sein soll. Auch das ist okay. Im Wochenbett sind Gefühle erlaubt.
Hebamme Kerstin Lüking hat über 4000 Familien betreut und als siebenfache Mutter selbst sieben eigene Wochenbetten erlebt.
Tipp: Teemischung für eine kräftigende Wirkung auf die Gebärmutter
Nach einem Kaiserschnitt ist die Blutung meist nicht so stark, da schon sehr viel Sekret bei der Geburt abgesaugt worden ist. Grundsätzlich empfehle ich den Frauen nach der Geburt immer, eine Teemischung aus Schafgarbe, Frauenmantel und Hirtentäschel zu sich zu nehmen
Diese drei Teesorten werden in gleicher Menge vermischt. Davon wird jeweils ein Teelöffel auf eine Tasse Wasser aufgegossen, die Ziehzeit beträgt maximal zehn Minuten. Trink zwei bis drei Tassen davon am Tag. Der Tee hat eine kräftigende Wirkung auf die Gebärmutter und dämmt die Blutung ein.
Das hilft bei Verletzungen im Damm- und Vaginalbereich
Auch den eventuell aufgetretenen Verletzungen im Damm- und Vaginalbereich solltest du Beachtung schenken.
In den ersten Tagen nach der Geburt ist es sinnvoll, wenn du den Schneidersitz vermeidest. Ich sehe ihn häufig bei meinen Frauen, die in dieser Position gerne stillend im Bett sitzen. Der Zug auf die Nähte und Wundflächen ist relativ hoch und somit nicht förderlich für die Wundheilung.
Damit Wundränder gut heilen können, dürfen die Beine gerne lang gestreckt übereinandergelegt werden. Langes Sitzen solltest du in den ersten Tagen grundsätzlich vermeiden.
Fussübungen, Wasser, Tee, Hausmannskost – das alles gibt Kraft nach der Geburt
Damit sich dein Kreislauf stabilisieren kann, machst du kleine Fussübungen, die du auch im Bett durchführen kannst: Zieh die Füsse in Richtung Nasenspitze und strecke sie dann wieder. Das machst du ein paar Mal hintereinander. Dadurch wird die Muskelpumpe in der Wade aktiviert und dein Kreislauf in Schwung gebracht.
Voilà, das ist es auch schon.
Achte zudem darauf, dass du den Tag über genügend Wasser oder Tee trinkst und regelmässig isst. Zur guten Ernährung im Wochenbett gehört tatsächlich die reichhaltige Hausmannskost: Rindergulasch, Hühnersuppen, Eintöpfe usw. Das gibt Kraft und kompensiert den Blut-und Flüssigkeitsverlust während der Geburt.
Zimt, Kardamom und Ingwer helfen bei der Gebärmutterrückbildung
Ich war immer begeistert von meinen Frauenmit arabischen Wurzeln. In dieser Kultur erhalten die Wöchnerinnen einen gekochten Zimt-Pudding. Gewürze wie Zimt, Kardamom und Ingwer wärmen den Körper und haben eine zusammenziehende Wirkung auf die Gebärmutter.
Eine zügige Rückbildung der Gebärmutter auf ihre alte Grösse von sieben Zentimetern ist somit innerhalb kürzester Zeit fast garantiert.
Das Wochenbett nach einem Kaiserschnitt
Frauen mit einem Kaiserschnitt werden heutzutage sehr schnell wieder aus dem Spital entlassen. Nach zwei bis drei Tagen habe ich meine Wöchnerinnen wieder auf dem heimischen Sofa sitzen sehen, was mich manchmal mit Sorge erfüllt, da sie so zu Hause auch sehr schnell wieder Hausarbeit erledigen.
Dabei sollten sich die Frauen die ersten Tage bis Wochen immer noch über die Seite aufrichten und dabei eine Hand gegen den Bauch drücken. Dann langsam bis zur Bettkante rutschen, um sich mit einer Vorwärtsbewegung in den Stand zu drücken. Kurz durchatmen und dann loslaufen.
So klappt es meistens sehr gut und wird von Tag zu Tag besser. Gegen Schmerzen dürfen immer Schmerzmittel eingenommen werden. Entzündungshemmer, die abschwellend und schmerzstillend wirken, sind mit dem Stillen vereinbar und stellen, wenn die zulässige Dosis nicht überschritten wird, keine Gefahr für den Säugling dar.
Eine Narbenmassage macht das Gewebe weich
Nach ungefähr einem Monat kannst du mit einer Narbenmassage beginnen. Dazu massierst du intuitiv das Gewebe um deine Narbe herum. Dadurch werden Verklebungen im Bindegewebe gelöst und die Durchblutung gesteigert. Mach das täglich, bis du selbst das Gefühl hast, dass die Narbe weicher ist.
Rückbildungsgymnastik: Deshalb spielt sie eine wichtige Rolle
Mit Rückbildungsgymnastik darf in sanfter Form schon relativ früh im Wochenbett begonnen werden. Leichte Stabilisierungsübungen, die in ein Beckenboden-Programm übergehen, sind sehr wichtig und sollten nicht vergessen werden.
Heute haben sehr viele Frauen ein Beckenboden-Problem, das durch Geburten und hormonelle Umstellungen verursacht wurde. Leider manchmal auch dadurch, dass dem Thema «zielgerichtete Gymnastik» zu wenig Bedeutung geschenkt wurde.
Übrigens unterstützt Visana die Teilnahme an Rückbildungsgymnastik-Kursen mit bis zu 300 Franken.
Und auch Kurse zum Stillen, zur Ernährung und für das Baby wie Babyschwimmen werden von der Zusatzversicherung übernommen.
Ich möchte mehr über die Wellness-Schecks wissen
Wochenbettdepression: Hilfe holen ist wichtig
An dieser Stelle komme ich noch einmal auf meinen letzten Satz im letzten Artikel zum Thema Spitalgeburt zurück, nämlich: «Ich liebe dich».
Alles, was mit überwältigenden Gefühlen, Glückshormonen und Liebe im Gebärsaal begonnen hat, sollte im Wochenbett, und natürlich darüber hinaus, weitergelebt werden.
Das Leben mit einem Kind verändert uns als Mensch. Wir tauchen in einen neuen Lebensabschnitt ein, der spannend, voll mit Glück, aber auch voll mit Sorgen sein kann.
Schlafmangel, hormonelle Umstellung, Sorgen um das Kind oder auch um die eigene Existenz können in der Summe aber sehr viel Stress bedeuten. Dieser Stress wirkt sich auf die Beziehung und die Psyche aus. Es ist in solchen Situationen nicht falsch, wenn du dir Hilfe holst.
Therapeutinnen und Therapeuten, die sich auf die Behandlung von Wochenbettdepressionen spezialisiert haben, können sehr schnell und gut weiterhelfen. Nimm diese Hilfe in Anspruch, du bist nicht alleine damit.
Zum Abschluss möchte ich noch an einem alten Spruch erinnern: «Um ein Kind zu erziehen, bedarf es die Hilfe eines ganzen Dorfes.»
Das fängt im Wochenbett an und sollte eigentlich nie wieder aufhören. Alles Liebe!